Grüne fordern Asylrecht für ganz Europa
11. November 2018Mit großer Mehrheit beschlossen die Delegierten des Grünen-Parteitags in Leipzig das Wahlprogramm für die Europawahl im kommenden Mai. Es stehe eine "Richtungswahl" bevor, heißt es darin. Es gehe um die Frage, ob der Kontinent in den Nationalismus zurückfalle oder die EU sich kraftvoll erneuere.
"Nicht alle, die kommen, können bleiben"
Zentrale Forderung der Grünen ist ein einheitliches Asylsystem für Europa. "Das Recht auf Asyl ist nicht verhandelbar", heißt es im Europa-Programm. Es müsse ein gemeinsames europäisches Einwanderungsrecht für Arbeitsmigration und legale Fluchtwege geben. Jeder Mensch auf der Flucht habe Anspruch auf ein faires Asylverfahren. Aber "nicht alle, die kommen, können bleiben". Flüchtlinge sollen demnach legal in die EU kommen können, an den Außengrenzen sollen sie registriert, kontrolliert und erstversorgt werden, dann sollen sie schnell und fair auf die Staaten verteilt werden.
In der Klimapolitik wollen die Grünen den Ausstoß von Treibhausgasen in Zukunft teurer machen. Konkret verlangen sie einen "CO2-Mindestpreis" für Industrieanlagen in Europa. Auch eine EU-weite Plastiksteuer auf Wegwerfprodukte findet sich im verabschiedeten Wahlprogramm. Eine solche Abgabe biete den Anreiz, Verpackungsmüll zu reduzieren, indem Rohstoffe verteuert werden.
Auch Unternehmen möchten die Grünen konsequenter besteuern. Die Partei verlangt in ihrem Programm eine einheitliche europäische Unternehmensmindeststeuer sowie eine Digitalsteuer für Konzerne wie Facebook und Google. Ebenfalls müsse die EU zu einem "Garanten sozialer Rechte" werden. Die in der Europäischen Grundrechtecharta verankerten sozialen Rechte sollten daher vor dem Europäischen Gerichtshof einklagbar sein, fordern die Grünen.
Linke Kandidaten gegen rechte Tendenzen
Am Samstag hatten die Delegierten bereits zwei bekannte Gesichter zu den Spitzenkandidaten für die Europawahl gewählt: Die Europaabgeordneten Ska Keller und Sven Giegold werden die Partei in den Wahlkampf führen. Beide gehören dem linken Flügel der Partei an und verkörpern eines ihrer Hauptanliegen: den Kampf gegen den Rechtsnationalismus in der EU. Nach ihrer Wahl riefen beide dazu auf, sich den rechtsnationalen Tendenzen in Europa entgegenzustellen.
"Das Europa der Vaterländer ist kein Europa", sagte auch Parteichef Robert Habeck unter dem Jubel der Delegierten. "Wir leben in einem Europa, das von links und rechts attackiert wird." Europa bedeute, die Dinge anzugehen "und sich nicht in nationale Placebos zurückzuziehen". Wenn die Probleme zu groß würden, um sie in den einzelnen Staaten zu lösen, müssten sie transnational angegangen werde. "Europa ist die Chiffre dafür, dass Politik wieder handlungsfähig wird", sagte Habeck.
pgr/gri (afp, dpa)