Iraks Streitkräfte wollen Ramadi zurück
27. Mai 2015Vor knapp einer Woche ist die irakische Provinzhauptstadt Ramadi in die Hände der Terrormiliz "Islamischer Staat" gefallen. Irakische Regierungstruppen haben nun in der westlichen Provinz Anbar eine Offensive gegen den IS eingeleitet. Die Einheiten des Militärs hätten Ramadi und die Dschihadisten von drei Seiten eingekreist, erklärte ein Sprecher des Polizeikommandos von Anbar. "Die Operation zur Befreiung Anbars von den IS-Banden beginnt", schrieb Verteidigungsminister Chalid al-Obeidi auf seiner Facebook-Seite.
Schiitische Freiwillige, die in den sogenannten Haschd-Milizen organisiert sind, würden gemeinsam mit sunnitische Stammeskämpfer die Regierungstruppen verstärken. Die Provinz Anbar ist zu 90 Prozent sunnitisch bewohnt. Regierung und Armee in Bagdad sind schiitisch dominiert. Über konkrete Kampfhandlungen oder Truppenvorstöße lagen zunächst keine Berichte vor. Die Mobilisierung neuer Kräfte für die Gegenoffensive erfolgte knapp eine Woche nach dem Fall Ramadis.
Nach Eklat ist USA um ein Lob bemüht
Die Kampfmoral irakischer Streitkräfte und ihr Zustand waren zuletzt Gegenstand heftiger Diskussionen. US-Verteidigungsminister Ashton Carter hatte dem irakischen Militär mangelnden Kampfeswillen vorgeworfen. Obwohl sie dem Gegner zahlenmäßig weit überlegen gewesen seien, hätten sie sich zurückgezogen. Auch das Weiße Haus räumte ein, der mangelnde Kampfeswillen irakischer Truppen sei in der Vergangenheit ein Problem gewesen. US-Vizepräsident Joe Biden bemühte sich unterdessen mit einem Lob der "enormen Opfer" und der Tapferkeit der Soldaten um Schadensbegrenzung.
Während der Zeit ihrer Präsenz im Irak haben die USA erhebliche Summen für den Aufbau, die Bewaffnung und die Ausbildung des irakischen Militärs ausgegeben. Schließlich kündigte der irakische Regierungschef Haidar al-Abadi die Rückeroberung Ramadis "innerhalb von Tagen" an. Vor den Kämpfen um Ramadi sind nach UN-Angaben mindestens 25.000 Menschen geflüchtet. Vielen ist der Weg nach Bagdad blockiert.
Derweil beanspruchen schiitische Milizen die Führung bei der geplanten Rückeroberung der Wüstenprovinz Anbar. Der Vorstoß werde von der Miliz geleitet und mit der Armee abgestimmt, kündigte ein Sprecher der schiitischen Freiwilligen an.
Frankreich fordert Verstärkung irakischer Kämpfer
Der französische Außenminister Laurent Fabius forderte, die Koalition gegen den IS müsse rasch verstärkt werden, um weitere Massaker im Irak und in Syrien zu vermeiden. Beobachter warnen, die wachsende Bedeutung der Milizen im Kampf gegen den IS im Irak könne die Spannungen zwischen Schiiten und Sunniten verstärken. Befeuert werden diese Befürchtungen durch den Namen, den die schiitischen Milizen der geplanten Offensive gegeben haben: "Labaik Ja Hussein". Mit dem Slogan wird ein Enkel des Religionsgründers Mohammed geehrt, der im siebten Jahrhundert in der Schlacht gefallen war, in deren Folge sich die Muslime in Schiiten und Sunniten spalteten. Die Provinz Anbar wird mehrheitlich von Sunniten bewohnt, auch der IS gehört der sunnitischen Strömung an.
Fabius warf der irakischen Regierung vor, sich nicht an die Zusagen zu halten, beide religiösen Gruppen gleichermaßen zu berücksichtigen. "Diese Vereinbarung rechtfertigt unser militärisches Engagement, und ich sage ganz klar, sie muss mehr respektiert werden." Frankreich hat sich der US-geführten Koalition angeschlossen, die den IS aus der Luft bekämpft.
Die schiitischen Milizen werden vom Iran unterstützt, der sich als Schutzmacht der Schiiten versteht. Der Kommandeur der iranischen Revolutionsgarden, Kassem Soleimani, wies die Kritik der USA zurück, der irakischen Armee mangele es an Kampfbereitschaft. Die Amerikaner würden eine echte Konfrontation mit dem IS scheuen, erklärte er mit Blick auf die Weigerung der USA, Bodentruppen einzusetzen. Die irakische Armee hat vor rund einer Woche die Provinzhauptstadt Ramadi unter dem Ansturm von IS-Kämpfern aufgegeben.
In Syrien sagte der Chef der Antiken-Behörde, Maamun Abdulkarim, nach Berichten von Anwohnern seien die 2000 Jahre alten römischen Ruinen in Palmyra intakt. In anderen Orten haben IS-Kämpfer antike Kulturgüter als heidnisch zerstört.
pab/stu (dpa, afp)