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Klimakrise - der Sport ist Opfer und Sünder

Joscha Weber Bonn 9577
Joscha Weber
14. Januar 2020

Bei den Australian Open ringt eine Spielerin angesichts der Luftverschmutzung nach Luft und Greta Thunberg fordert Roger Federer heraus. Der Sport muss sich seiner Verantwortung fürs Klima stellen, fordert Joscha Weber.

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slowenische Tennisspielerin Dalila Jakupovic
Dalila Jakupovic brach bei einem Qualifikationsmatch der Australien Open mit Luftnot zusammenBild: imago images Imaginechina

Dalila Jakupovic ringt nach Luft. Nach einem Ballwechsel krümmt sich die Slowenin und unterbricht das Qualifikationsspiel gegen die Schweizerin Stefanie Vögele. Über die Mikrofone am Spielfeldrand ist das Japsen von Dalila Jakupovic deutlich zu hören. Dann wird es schlimmer. Sie muss sich hinknien, hält sich die Hand vors schmerzverzerrte Gesicht und kauert gekrümmt auf dem blauen Boden von Court 3. Betreuer und Organisatoren eilen zu Hilfe, doch sie können wenig machen, außer ihr gut zuzureden. Schließlich verkündet der Schiedsrichter, dass Dalila Jakupovic nicht weitermachen kann. "Game, set and match for Stefanie Vögele". Es ist die erste Aufgabe bei den Australian Open wegen der schlechten Luftqualität infolge der verheerenden Buschfeuer - und vielleicht der Beginn einer überfälligen Debatte.

Die Klimakrise erreicht den internationalen Sport. Jenseits von ein paar Spendenaufrufen, mehr oder weniger ernsten PR-Aktionen und den Zwischenrufen einiger weniger Klimaaktivisten hat die Sportwelt das Thema bisher bestenfalls zur Kenntnis genommen. Dass die Folgen des Klimawandels und die Diskussion um einen nachhaltigen Umgang mit Ressourcen nun auch den Sport treffen, ist logisch: Denn Spitzensportler sind nicht nur wie jetzt in Melbourne Opfer der Klimakrise, sondern auch deren Mitverursacher. Athleten jetten zu Wettkämpfen, PR-Terminen oder Trainingslagern rund um die Welt. Übermotorisierte Fahrzeuge zählen zum Lifestyle vieler Sportikonen. Und manche müssen sich nun auch für ihre Sponsoren rechtfertigen: Klimaaktivistin Greta Thunberg forderte von Roger Federer, dass der Tennisstar endlich aufwache, weil sein Partner Credit Suisse in großem Stil Industriekonzerne finanziere, die auf die Ausbeutung fossiler Brennstoffe setzen.

Sportler sind Helden - mit besonderer Verantwortung

Weber Joscha Kommentarbild App
DW Sportredakteur Joscha Weber: "Der Sport kann, der Sport muss mehr tun für den Klimaschutz."

Über diese Verbindung wird Roger Federer bisher wohl kaum nachgedacht haben, und wie ihm dürfte es vielen Profisportlern gehen. Doch genau das wird sich nun ändern. Denn weltweit fordern vor allem junge Menschen einen bewussteren Umgang mit der Umwelt, von allen. Die Welt des Spitzensports ist seit jeher besonders exponiert, ihre Protagonisten werden als Helden gefeiert. Zugleich wird ein hohes Maß an Integrität von jenen Helden erwartet. Fällt eine oder einer von ihnen durch Doping oder Betrug auf, ist der Aufschrei groß. Die Verantwortung, die die Öffentlichkeit großen Sportstars aufgrund ihrer Strahlkraft zuspricht, ist manchmal größer als die von Politikern. Auf der anderen Seite beschert die große Popularität den Sportlern astronomisch hohe Gehälter und Werbeeinnahmen. Der Preis dafür ist die Last, sich immer korrekt, also sozial erwünscht verhalten zu müssen. 

Der Sport kann, der Sport muss mehr tun für den Klimaschutz. Wenn Sportler so oft wie möglich klimafreundlich zu ihren Wettkämpfen reisen, werden das viele ihrer Fans nachahmen. Wenn Sportevents mit ihren gewaltigen Besucherzahlen auf Plastikbecher verzichten, ihren Energiehunger aus regenerativen Quellen stillen oder Konzepte für klimafreundlichen Nahverkehr unterstützen, hat das einen spürbaren Effekt. Auch die Fußball-Bundesliga muss mehr tun, um den eigenen CO2-Fußabdruck zu verkleinern.

Athleten besser schützen

Und die Veranstalter von Sportevents müssen die Athleten schützen. Viele Sportarten finden unter freiem Himmel statt, und einige Sportler kritisieren bereits die Veranstalter der Australian Open, dass die Spiele trotz der erheblichen Luftverschmutzung infolge der Brände stattfinden.

Bisher gibt es keine Anzeichen, dass wichtige Sportevents aufgrund der Buschfeuer in Australien abgesagt werden, weder die Australian Open in Melbourne noch das Radrennen Tour Down Under rund um Adelaide. Der finanzielle Druck ist offenbar so groß, dass die Events trotz bedenklicher Umstände durchgeführt werden. The show must go on. Wie immer im Sport.