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Politik

Obama ohne bleibende Botschaft in Athen

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Max Hofmann
16. November 2016

Der scheidende US-Präsident sprach über einen Schuldenerlass für Griechenland, lieferte ein Plädoyer für die Demokratie und zitierte ein paar Worte auf Griechisch. Inspiration geht anders, meint Max Hofmann.

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Griechenland Athen - Barack Obama
Bild: picture-alliance/AP Photo/P. M. Monsivais

Barack Obama hat im Herbst seiner zweiten Amtszeit einen Hang zum Grundsätzlichen entwickelt. Bei Pressekonferenzen sind seine Antworten mittlerweile lang und philosophisch. Seine Rede in Athen, wahrscheinlich die letzte auf europäischem Boden, passte bestens hierzu. Im Großen und Ganzen ging es um Demokratie und seinen unerschütterlichen Glauben an diese politische Ordnung. Das Problem ist: In ihrer bisherigen Form könnte sie zum Scheitern verurteilt sein, da einige ihrer wichtigsten Elemente, Errungenschaften und Auswüchse inzwischen ihr Fundament angreifen.

1. Freie Presse

Fast wie ein Lehrer im Politikunterricht erklärte Barack Obama seinem Publikum, warum eine freie Presse so wichtig ist für die Demokratie. Sie decke Missstände auf, sorge dafür, dass Politiker zur Rechenschaft gezogen werden. Die vierte Gewalt im Staat eben. Das Problem: In der heutigen Medienlandschaft erfüllen Meinungsportale wie beispielsweise "Breitbart", die ja auch unter dem Schutzmantel der freien Presse agieren, diese Funktion eben nicht mehr. Im Gegenteil: Sie tragen zum Niedergang der Demokratie bei! Denn sie befördern keine informierte, demokratische Meinungsbildung, sondern torpedieren diese durch Unwahrheiten und Hetze.

Freie Presse muss heute mehr denn je den Grundsätzen des Qualitätsjournalismus folgen (Ausgewogenheit, Wahrhaftigkeit, Trennung von Fakten und Meinung). Wenn soziale Medien wie Facebook, wo eben auch Breitbart und andere agieren, diese Grundsätze nicht freiwillig umsetzen, muss der demokratische Staat sie dazu zwingen. Ideen von Obama, wie man den digitalen Dämonen begegnen könnte? Fehlanzeige!

2. Globalisierung

Der US-Präsident riss eines der größten Probleme unsere Zeit an: Viele Menschen hätten das Gefühl, das nur "die da oben" von der Globalisierung profitieren würden. Erst jüngst war dieses Phänomen eindrücklich beim wallonischen Protest gegen das europäisch-kanadische Freihandelsabkommen CETA zu beobachten. Obamas Rezept: "Die Menschen müssen das Gefühl haben, gehört zu werden." Bei aller Liebe: Kollektive Psychotherapie hilft hier nicht weiter.

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Max Hofmann leitet das DW-Studio Brüssel

Wir befinden uns am Anfang einer Zeitenwende: Durch Digitalisierung, Automatisierung und künstliche Intelligenz werden in den nächsten Jahren weltweit Millionen Jobs einfach verschwinden. Die Globalisierung wird das noch verstärken. Viele Menschen haben davor Angst und reagieren mit Nationalismus. Worum es hier aber eigentlich gehen muss, ist die Diskussion um eine neue gesellschaftliche Ordnung: Wie sorgen wir dafür, dass der Mensch im Mittelpunkt der Entwicklungen bleibt, auch wenn er nicht mehr mit Robotern konkurrieren kann? Wovon leben Menschen, wenn nicht davon auszugehen ist, dass alle für ihren Unterhalt arbeiten können, weil es einfach nicht mehr genügend Jobs gibt? Ein paar Denkanstöße vom US-Präsidenten in dieser Richtung wären hochwillkommen gewesen.

3. Das wird schon mit Trump

So hat es Obama zwar nicht gesagt, aber das war seine Botschaft: "Die amerikanische Demokratie ist stärker als eine Person". Oder: "Amerika fühlt sich der NATO auch weiterhin verpflichtet". Das Problem: Obama spricht nicht für Trump und der wird sich auch nicht um solche Versicherungen scheren. Der scheidende Präsident hätte den Europäern besser einen ordentlichen Tritt in den Hintern verpasst. Es ist ja schön, dass Obama die europäische Integration nach wie vor für eine der größten Errungenschaften der "Menschheitsgeschichte" hält. Aber momentan ist diese Errungenschaft dabei, sich selbst zu zerstören. Die Botschaft hätte zum Beispiel lauten können: "Tu was Europa! Verlass Dich auf Deine eigene Kraft, investiere in Deine Sicherheit…" Damit wäre er seinem Nachfolger auch nicht an den Karren gefahren. Der wird im Übrigen wohl keine Probleme haben, genau solche Forderungen zu stellen.

Letztendlich scheitert Obama, wie fast alle Politiker im Westen, die Vorteile unserer heutigen demokratischen Ordnung eingängig und verständlich zu erklären. Für viele Menschen ist die Welt mit ihren multi-nationalen Organisationen, undurchschaubaren Freihandelsabkommen und digitalem Dauerfeuer zu komplex geworden. Sie ziehen sich in ihre eigene Komfortzone zurück und hören auf einfache, populistische Welterklärer. Dem etwas entgegen zu setzen, eine bleibende Botschaft zu vermitteln - das ist Obama bei seinem letzten großen europäischen Auftritt leider nicht gelungen.

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