Obama deutlich vorn
13. Oktober 2008Im Rennen um das Amt des US-Präsidenten hat der demokratische Bewerber Barack Obama einer Umfrage zufolge den Vorsprung vor seinem republikanischen Rivalen John McCain auf zehn Punkte ausgebaut. Nach der am Montag (13.10.2008) veröffentlichten Umfrage von "Washington Post" und ABC News führt der schwarze Senator aus Illinois mit 53 zu 43 Prozent. Die Umfrage wurde nach der Fernsehdebatte am Dienstag erhoben.
Mit Fäusten und Schimpfwörtern
Auf diese recht deutliche Führung reagiert das republikanische Lager mit zunehmender Verzweiflung: Auf Wahlkampfveranstaltungen des republikanischen Bewerbers um das US-Präsidentenamt, John McCain, riefen offensichtlich frustrierte Anhänger Schimpfwörter gegen Obama wie "Verräter" und "Terrorist" sowie die Worte "Tötet ihn". Auch McCains Vize Sarah Palin hatte Obama in die Nähe von Terroristen gerückt.
Zudem schwangen McCain-Zuhörer mehrere Male auch wütend die Fäuste, wenn Obamas Name fiel. Zwei republikanische Wahlkampfredner nannten den republikanischen Präsidentschaftskandidaten zudem ausdrücklich beim vollen Namen Barack Hussein Obama - mit der Betonung auf dem mittleren Namen.
McCain für Respekt und Peitsche
McCain selbst hatte nach diesen Ausfällen seinen Ton zunächst etwas gemildert. Nach Medienberichten rief er bei einem Wahlkampfauftritt am Freitag (Ortszeit) in Minnesota dazu auf, seinem Rivalen mit Respekt zu begegnen. Obama sei ein "anständiger Mensch".
Doch bereits am Sonntag verschärfte McCain seinen Ton gegenüber Obama wieder: Er werde beim Aufeinandertreffen mit Obama am Mittwoch die Peitsche mitbringen, kündigte McCain an. Wörtlich sagte er am Sonntag vor Wahlkampfhelfern bei Washington, er werde Obama "den ihr wisst schon was auspeitschen". Am Mittwoch (15.10.) findet die letzte Fernsehdebatte vor den Wahlen zum US-Präsidentenamt im November statt.
Die Angst vor dem "Bradley-Effekt"
Zugleich startete das McCain-Lager eine neue Serie von Fernsehspots mit wiederum scharfen Attacken. Darin wurde Obama erneut indirekt der Zusammenarbeit mit einem Terroristen beschuldigt. Der Vorwurf bezieht sich auf Obamas frühere Bekanntschaft mit William Ayers, dem Mitbegründer einer Organisation, die aus Protest gegen den Vietnamkrieg Anschläge auf US-Einrichtungen verübt hatte.
Doch derzeit sorgen nicht nur die Anwürfe der Republikaner im demokratischen Lager für Unmut. Hier geht auch die Angst vor dem "Bradley-Effekt" um. Der schwarze Bürgermeister von Los Angeles, Tom Bradley, war 1982 in Kalifornien nach Umfragen als hoher Favorit in die Wahl des Gouverneurs gegangen. Doch in der Wahlkabine stimmten viele dann aus "Angst vor dem schwarzen Mann" dann doch gegen Bradley, der die Wahl verlor.
Welche Rolle spielt die Rassenfrage?
Sollte dieser Effekt tatsächlich zum Tragen kommen und Obama die Wahl trotz seiner deutlichen Führung in Umfragen verlieren, so befürchten Experten wie der Ex-Chefstratege des früheren US-Präsidenten Bill Clinton "sehr, sehr, sehr dramatische Konsequenzen". Rassenunruhen wären dann nicht auszuschließen. Der demokratische Abgeordnete Ed Towns meinte: "Der Rassismus lebt, und McCain und Palin versuchen unseligerweise dies auch zu nutzen."
Konservative reagieren zornig auf den Rassismusvorwurf. "Offenbar können sich Linke nicht vorstellen, dass Millionen Amerikaner einfach an diesem demokratischen Wunderkind zweifeln", schrieb der Publizist Brett Johspe. "Wenn Obama verliert, werden alle Amerikaner zu Opfern dieser verwerflichen Taktik, die unterstellt, die Niederlage sei rassistisch motiviert gewesen." (ag)