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Schuldenschnitt - ja oder nein?

26. Januar 2015

Der Syriza-Sieg in Griechenland sorgt für heftige Diskussionen. Dabei geht es vor allem um die Frage nach einem Schuldenschnitt. Die meisten Politiker lehnen dies ab, die Grünen können sich eine Anpassung vorstellen.

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Symbolbild griechische Fahne mit Euro-Münzen (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/U. Deck

Nach dem Wahlsieg des Linksbündnisses Syriza in Griechenland hat die Debatte um einen weiteren Schuldenschnitt für den Krisenstaat neuen Aufwind bekommen. EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) rechnet nicht mit einem Schuldenschnitt für das Land. Er glaube nicht, dass es eine Mehrheit für diesen Schritt geben werde, sagte Schulz im Deutschlandfunk. Parteichef Alexis Tsipras werde nicht alle radikalen Forderungen aus dem Wahlkampf einhalten können. Er selbst habe noch in der Nacht mit ihm gesprochen und ihm das gesagt, fügte Schulz hinzu. Der Parlamentspräsident zeigte sich zuversichtlich, was die Zusammenarbeit zwischen Griechenland und den europäischen Partnern angeht. "Das ist auch ein Pragmatiker, der ziemlich genau weiß, dass er Kompromisse eingehen muss", sagte er über Tsipras.

Martin Schulz im Porträt (Foto: AFP)
EU-Parlamentspräsident Martin Schulz rechnet nicht mit SchuldenschnittBild: AFP/Getty Images/P. Hertzog

EU-Kommissar Günther Oettinger machte Tsipras wenig Hoffnungen auf Finanzzugeständnisse der europäischen Partner. Oettinger betonte ebenfalls im Deutschlandfunk, dass die bisherigen Hilfspakete für das Land günstige Konditionen hätten. "Die werden wir wieder anbieten - es braucht ein neues Paket", sagte der EU-Kommissar. Griechenland benötige ab März neue Finanzmittel. "Wir werden das Angebot nicht verschlechtern, aber auch nicht verändern", sagte er. Das sei die Grundlage der anstehenden Gespräche mit der neuen griechischen Regierung. Europa könne nicht wegen einer Wahl seine Position ändern. Tsipras müsse in den nächsten Tagen erkennen, dass sein Land diese Finanzierung brauche.

Grünen offen für Schuldenschnitt - SPD, CDU und CSU dagegen

Auch aus Berlin kamen unterschiedliche Reaktionen. Die Bundesregierung pocht nach dem Wahlerfolg der linksgerichteten Syriza-Partei auf die Umsetzung der verabredeten Reformen. "Es ist aus unserer Sicht richtig, dass die neue Regierung Maßnahmen ergreift, damit die wirtschaftliche Erholung Griechenlands voranschreitet", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. "Es gehört auch dazu, dass die von Griechenland eingegangen Verpflichtungen eingehalten werden und dass die neue Regierung an die Reformerfolge anknüpft." Griechenland habe in den vergangenen Jahren beachtliche Reformerfolge erzielt. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) äußerte sich ähnlich: Man biete Griechenland eine weitere Zusammenarbeit an. Das Land müsse aber zu den getroffenen Vereinbarungen stehen.

Fraktionschef der Grünen, Anton Hofreiter, im Porträt (Foto: dpa)
Fraktionschef der Grünen, Anton Hofreiter, will Griechen entgegenkommenBild: picture-alliance/dpa

Die Grünen können sich einen Schuldenschnitt mit Griechenland durchaus vorstellen - unter Bedingungen. "Wir setzen uns für sozial gerechte Änderungen bei dem Anpassungsprogramm und für einen konditionierten Schuldenschnitt im Gegenzug für soziale und wirtschaftliche Reformen in Griechenland ein", sagte Fraktionschef Anton Hofreiter der "Rheinischen Post". Gemeinsam mit der neuen griechischen Regierung sollten EU und Bundesregierung nach Wegen suchen, den Menschen in Griechenland wieder eine Perspektive zu geben.

CDU-Europapolitiker Elmar Brok im Porträt (Foto: Yevgen Teyze)
CDU-Europapolitiker Elmar Brok appelliert an die Verantwortung GriechenlandsBild: DW

Der CDU-Europapolitiker Elmar Brok lehnt allerdings einen Schuldenschnitt - zumindest zum jetzigen Zeitpunkt - ab. "Einen Schuldenschnitt kann es jetzt nicht geben, denn wenn dort keine Reformen stattfinden und das Land nicht wettbewerbsfähiger wird, dann hätte man in drei, vier Jahren genauso viel Schulden. Deswegen müssen erst einmal die Voraussetzungen geschaffen werden, wenn es hier einen Schuldenschnitt geben sollte", sagte er im ARD-Morgenmagazin.

In Griechenland seien die Lasten seit Jahrzehnten falsch verteilt worden, kritisierte Brok zudem: "Ich kenne kein Land in Europa, in dem die normalen Bürger so von der politischen und wirtschaftlichen Klasse über 30 Jahre betrogen wurden." Das sei noch nicht wieder in Ordnung gebracht worden. "Man kann kein Land in Ordnung bringen, wenn das nur der kleine Mann zu zahlen hat und man erneut an die Senkung der Renten herangeht. Hier müssen Reformen gemacht werden.“

SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann mahnte Wahlsieger Syriza, die internationalen Verpflichtungen einzuhalten. Auch die neue griechische Regierung sei an die Vereinbarungen mit der EU und der Troika gebunden, sagte Oppermann der "Rheinischen Post". "Es gibt auch künftig keine Leistung ohne Gegenleistung", fügte der SPD-Politiker hinzu. Syriza müsse neue Reformen angehen und Korruption und Vetternwirtschaft bekämpfen. Zugleich stellte er klar: "Deutschland wird weiterhin solidarisch mit Griechenland sein."

SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann im Porträt (Foto: dpa)
Auch SPD-Fraktionschef Oppermann mahnt Griechenland, sich an Vereinbarungen zu haltenBild: picture-alliance/dpa

Unionsfraktionsvize Hans-Peter Friedrich (CSU) warnte Griechenland davor, vom Sparkurs abzukehren. "Die Griechen müssen jetzt die Konsequenzen selber tragen und können sie nicht dem deutschen Steuerzahler aufbürden", sagte er der "Bild"-Zeitung.

Deutsche Industrie warnt Griechenland vor Stopp der Reformen

Der Bundesverband der deutschen Industrie (BDI) mahnte eine Fortsetzung des Reformkurses an. "Griechenland ist auf seinem Reformweg ein gutes Stück vorangekommen", erklärte BDI-Hauptgeschäftsführer Markus Kerber in Berlin. "Es wäre katastrophal, diese Entwicklung jetzt auf halbem Wege zu stoppen." Die Reformen seien zwar schmerzhaft, aber richtig. "Die Hälfte der Strecke ist geschafft", betonte Kerber. Wahlsieger Tsipras dürfe das Vertrauen in Griechenland nun nicht erschüttern, warnte Kerber. Mit einer guten Wirtschaftspolitik habe das Land "alle Chancen", seine Lage deutlich zu verbessern. Schon jetzt zögen die Investitionen wieder an und erste Erfolge seien sichtbar.

as/sti (dpa, afp, rtr)