Spekulanten bunkern Öl auf hoher See
9. Januar 2015Zu den Unternehmen gehören etwa der größte unabhängige Ölhändler Vitol oder die in der Schweiz ansässige Trafigura, aber auch der Energiekonzern Shell, hat die Nachrichtenagentur Reuters aus Schifffahrts- und Frachtmaklerkreisen erfahren.
Vitol etwa buchte den Informationen zufolge mit der "TI Oceania" einen der größten Supertanker überhaupt, der ein Fassungsvermögen von drei Millionen Barrel hat, das sind fast eine halbe Milliarde Liter. Trafigura sicherte sich mit der "Nave Synergy" ebenfalls einen Mega-Tanker und Shell buchte mit der "Xin Run Yang" und der "Xin Tong Yang" gleich zwei solcher Schiffe.
Den Schifffahrtslisten zufolge kosten die Tanker zum Teil deutlich weniger Miete als sonst üblich, da es sich oft um ältere Schiffe und um langfristige Mietverträge von bis zu zwölf Monaten handelt. Zudem leidet die Schifffahrtbranche unter Überkapazitäten und geringen Margen. Den Informationen zufolge konnten die Händler Mieten von weniger als 40.000 Dollar am Tag aushandeln, was 20.000 bis 30.000 Dollar unter dem jüngsten Durchschnitt liegt.
Günstige Mietpreise
Die Händler spekulieren auf einen Anstieg des zuletzt bis um die Hälfte gefallenen Erdölpreises. So kostet ein Barrel der führenden Nordseemarke Brent zu Lieferung Ende 2015 acht Dollar mehr als der derzeit am Spot-Markt. Dort war der Preis am Mittwoch auf 49,66 Dollar pro Barrel gefallen und lag damit so tief wie seit 2009 nicht mehr.
Insgesamt wurden nach ersten Schätzungen bislang zwischen zwölf und 15 Millionen Barrel an Lagerkapazitäten auf See gebucht. Und es gebe weitere Anfragen, verlautete aus den Schifffahrtskreisen. Beim letzten Ölpreisverfall 2009 hatten Händler mehr als 100 Millionen Barrel Lagerkapazität auf See geparkt. Nach Einschätzung der Analysten von JBC Energy in Wien könnte die Lagerung dort zumindest zeitweise auch den Erdölpreis auf den Märkten stabilisieren.
Ölpreis stabilisiert sich
Die Ölpreise haben ihre jüngste Stabilisierung auf dem erreichten niedrigen Niveau fortgesetzt. Experten sehen aber kaum Gründe für eine Trendwende hin zu deutlichen Preissteigerungen. Ein Barrel der Nordseesorte Brent zur Lieferung im Februar kostete am Freitagmorgen 51,26 Dollar. Das waren 30 Cent mehr als am Donnerstag. Ein Fass der US-Referenzsorte West Texas Intermediate (WTI) verteuerte sich um 42 Cent auf 49,21 Dollar.
Die Rohstoffexperten der Commerzbank sprechen von einer leichten Aufwärtsbewegung am Ölmarkt. Einen spezifischen Auslöser gebe es aber nicht. Die grundlegende Situation hat sich auch nicht verändert: Das Ölkartell Opec ist tief gespalten. Große Produzenten wie Saudi-Arabien wollen von einer Produktionskürzung nichts wissen, obwohl die Ölpreise seit vergangenem Sommer um mehr als 50 Prozent gefallen sind. Andere Opec-Staaten wie Venezuela drängen dagegen auf eine Förderkürzung, weil ihnen der Preiseinbruch große Probleme bereitet.
wen/zdh (rtr, dpa)