Staatsanwälte wühlen im Steuersumpf
29. Dezember 2012Eine 2010 verschwundene und jetzt in einer Zweit-Version vorliegende Datei mit mehr als 2000 mutmaßlichen griechischen Steuerkriminellen bringt den ehemaligen Finanzminister Giorgos Papakonstantinou in schwere Bedrängnis. Mehrere Medien in Athen berichteten, auf der ersten Liste sollen die Namen von Verwandten des Politikers gelöscht worden sein. Dies habe die Staatsanwaltschaft bei einem Abgleich mit der zweiten Datei festgestellt, hieß es in den Berichten weiter.
Es geht um 1,2 Millionen Euro, die zwei Cousinen Papakonstantinous in der Schweiz angelegt haben sollen. Unklar ist, ob sie das Geld voher in Griechenland versteuert haben. Die in der sogenannten "Lagarde-Liste" aufgeführten Griechen sollen bis 2007 rund zwei Milliarden Euro auf Schweizer Konten deponiert haben. Papakonstantinou erklärte im griechischen Rundfunk, er habe die Liste nicht bearbeitet. Seiner Partei, der sozialdemokratischen Pasok, reichte allein der Anfangsverdacht: Der Ex-Minister wurde aus der Partei ausgeschlossen.
Kommt ein Untersuchungsausschuss?
Im Skandal um die Liste soll nun ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss prüfen, ob Papakonstantinou sich strafbar gemacht hat. Den Antrag wollen alle drei an der Athener Regierung beteiligten Parteien mittragen, hieß es am Samstag übereinstimmend in den griechischen Medien.
Die damalige französische Finanzministerin und heutige Chefin des Internationalen Währungsfonds, Christine Lagarde, hatte die Liste 2010 an ihren Kollegen Papakonstantinou übergeben. Die Kontendaten waren von einem Bankangestellten in der Schweiz gestohlen worden. Der Finanzminister gab die Datei an den damaligen Chef der griechischen Steuerfahndung weiter. Allerdings machten die Beamten von diesen Informationen keinen Gebrauch, weil sie nicht aus legalen Quellen stammten. Die Liste verschwand dann im Labyrinth der Bürokratie in Athen.
Der Fall hatte in Griechenland für große Empörung gesorgt. Während die Bürger des hochverschuldeten Landes unter den Sparprogrammen litten, schaffe die Elite ihr Geld außer Landes, so der Tenor der Kritik. Angesichts des Drucks von Öffentlichkeit und Medien reisten griechische Staatsanwälte am 21. Dezember nach Paris, um eine neue Kopie zu bekommen. In Griechenland sind bislang keine hochrangigen Steuersünder vor Gericht gestellt worden. Massive Steuerhinterziehung gilt als einer der Gründe für die schlechte Haushaltslage des Euro-Staates.
wl/se/kle (dpa, dapd, rtr)