1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Und noch ein Euro-Krisengipfel

Sabine Kinkartz, Berlin (sc)5. Juli 2015

Nach dem klaren Nein der Griechen zu weiteren Reformauflagen mehren sich in CDU und CSU die Stimmen für einen "Grexit". Kanzlerin Merkel und Präsident Hollande ergriffen rasch die Initiative. Aus Berlin Sabine Kinkartz.

https://p.dw.com/p/1Ft8A
Merkel Hollande Bundeskanzlerin Frankreich Berlin
Bild: AP

Kurz und knapp war die Information gehalten, die bereits um 18.15 Uhr, also eine viertel Stunde nach Schließung der Wahllokale in Athen aus dem Kanzleramt kam. Angela Merkel werde am Montagnachmittag zu einer Begegnung mit François Hollande nach Paris reisen, hieß es. In dem Gespräch mit dem französischen Präsidenten gehe es um eine gemeinsame Bewertung der Situation nach dem griechischen Referendum und um die Fortsetzung der engen deutsch-französischen Zusammenarbeit bei diesem Thema.

Damit war es dann aber doch nicht getan. Noch am Abend telefonierten Merkel und Hollande miteinander und sprachen sich für einen Sondergipfel der Euro-Staaten am Dienstag aus. Der Präsident des Europäischen Rats, Donald Tusk, berief das Krisentreffen dann umgehend nach Brüssel ein.

Was auch immer dort besprochen und entschieden werden wird, für die Bundeskanzlerin wird der Spielraum eng. Auf der einen Seite hat sie zu lange dafür gekämpft, die Euro-Gruppe zusammen zu halten und weiß dabei nicht nur den französischen Präsidenten auf ihrer Seite.

Auf der anderen Seite muss Merkel damit umgehen, dass in der Union kaum noch jemand mit der griechischen Links-Regierungs zusammen arbeiten will. Die Stimmen derer, die keine weiteren Finanzhilfen nach Griechenland schicken wollten, waren bereits in den vergangenen Wochen nicht mehr zu überhören gewesen. Diese Ablehnung wird sich jetzt noch verstärken.

Berlin Tsipras bei Merkel
Merkel und Tsipras: Ein Bild aus vergangenen TagenBild: picture-alliance/dpa/B. von Jutrczenka

Harsche Töne aus der CSU

Wie sehr, das ließ sich kurz nach 20 Uhr erahnen, als CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer "Kali nichta, Hellas - Gute Nacht, Griechenland" twitterte. Man müsse jetzt besonnen reagieren, aber klar sei: "Die linken Erpresser und Volksbelüger wie Tsipras können mit ihrer schmutzigen Tour nicht durchkommen." Die griechische Linksregierung habe "dem Volk vorgegaukelt, es gäbe Euros ohne Reformen".

Der stellvertretende Fraktionschef der Union im Deutschen Bundestag, Ralph Brinkhaus äußerte sich weniger polemisch, aber auch er sieht schlechte Chancen für weitere Hilfspakete. "Für uns galt immer die Devise und gilt immer noch: Hilfen gegen Reformen." Wenn diese Reformen nicht geliefert würden und die griechische Regierung dafür die Rückendeckung ihres Volkes habe, dann werde es tatsächlich schwierig.

Dann eben Grexit

Für den CSU-Bundestagsabgeordnete Hans Michelbach kann das Referendum nur eine Folge haben: "Man muss jetzt die Frage stellen, ob Griechenland außerhalb der Eurozone nicht besser aufgehoben ist", sagte der Finanzpolitiker. Griechenland habe "leider den Weg in die Selbstisolation gewählt". Daher gebe es auch keine Grundlage für weitere Notfallkredite der Europäischen Zentralbank. Ein Grexit sei für die Eurozone aber verkraftbar, denn der griechische Anteil an der Wirtschaftsleistung der Euro-Länder insgesamt sei mit 1,8 Prozent zu klein, um den Währungsraum in Gefahr zu bringen.

Auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble will ein Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone nicht mehr ausschließen, wie er schon vor dem Referendum sagte. Damit kämen allerdings milliardenschwere Verluste auf Deutschland zu, das mit deutlich mehr als 80 Milliarden Euro für griechische Kredite bürgt. Davor hat, so berichtet das Handelsblatt, auch Bundesbankpräsident Jens Weidmann am vergangenen Mittwoch im Kabinett gewarnt. Ein Grexit habe Folgen für den Bundesbank-Gewinn und damit auch für Schäubles Haushaltsplanungen.

Auch die SPD sieht schwarz

SPD-Chef Sigmar Gabriel hält nach der "Absage an die Spielregeln der Euro-Zone" Verhandlungen über ein neues milliardenschweres Hilfsprogramm für "kaum noch vorstellbar". Dem Berliner "Tagesspiegel" sagte der Vizekanzler und Bundeswirtschaftsminister, der griechische Ministerpräsident Alexis "Tsipras und seine Regierung führten das griechische Volk auf einen Weg von bitterem Verzicht und Hoffnungslosigkeit".

Tsipras habe seinem Volk eingeredet, mit einem "Nein" werde die Verhandlungsposition Griechenlands gestärkt. Tatsächlich habe der griechische Regierungschef aber "letzte Brücken eingerissen, über die Europa und Griechenland sich auf einen Kompromiss zubewegen konnten".

Für Grünen-Chef Cem Özdemir heißt das aber nicht, dass Griechenland jetzt nicht mehr auf der Tagesordnung steht. Die Probleme des hoch verschuldeten Landes würden so oder so auch künftig die Probleme Europas bleiben. "Man kann Griechenland nicht wegsprengen von Europa."

Die Linke triumphiert

Nur eine der im Bundestag vertretenen Parteien fand an diesem Abend andere Worte. "Die Demokratie hat heute einen Sieg in Europa errungen", kommentiert der Parteivorsitzende der Linken, Bernd Riexinger den Ausgang des Referendums. "Die Griechinnen und Griechen haben sich zum zweiten Mal gegen die katastrophale Politik der sozialen Kürzungen und der wirtschaftlichen Verwüstung gewehrt." Das Ergebnis sei ein "Nein zu einer falschen Medizin, die immer nur kränker" mache, so Riexinger.