Neue Zollunion
2. Juli 2010Eine Zollunion aus vorläufig zwei und nicht drei Partnern ist am Donnerstag (01.07.2010) an den Start gegangen. Dass die geplante Zollunion Russlands mit Kasachstan und Belarus nicht wie vorgesehen ab Juli vollständig umgesetzt wird, hatte bereits im Mai dieses Jahres der russische Regierungschef Wladimir Putin im russischen Fernsehen angekündigt. Hintergrund ist, dass Minsk für eine vollständige Beteiligung an der Zollunion Preisrabatte bei russischen Energielieferungen sowie zollfreie russische Öl-Exporte nach Belarus verlangt.
Schrittweise Umsetzung
Das Abkommen über die Zollunion wurde Ende 2009 bei einem Besuch von Kremlchef Dmitrij Medwedew in der belarussischen Hauptstadt Minsk unterzeichnet. Die Umsetzung sollte bereits am 01. Januar 2010 beginnen, nach und nach sollten einheitliche Zolltarife eingeführt werden. Schließlich sollte am 01. Juli in Russland, Kasachstan und Belarus ein gemeinsamer Zollkodex in Kraft treten, bislang haben das nur Russland und Kasachstan umgesetzt.
Eine solche Zollunion könne nur schrittweise umgesetzt werden, glaubt die russische Zentralasien-Expertin Natalja Charitonowa. Die Koordination der Außenwirtschaft in dem vorgesehenen Umfang sei kaum sofort möglich. "Die Abstimmung der Interessen in konkreten Fragen wird auf jeden Fall Zeit brauchen. Es ist eine Sache, die Dinge zu Papier zu bringen, eine andere jedoch, sie auch umzusetzen", so die Expertin.
Charitonowa meint, die neue Zollunion habe wirtschaftliche Schwachstellen: "Mehr oder weniger ist klar, dass sich die russische Metallurgie nicht über mehr Konkurrenz aus Kasachstan freuen wird, wo Rohstoffe günstiger sind." Aber auch politische Schwachstellen gebe es, so die Expertin. Im postsowjetischen Raum würden alle supranationalen Vereinigungen traditionell kritisch gesehen. "Früher oder später wird das auch hier eintreten", sagte sie.
Kritiker in Kasachstan
Kritiker der Zollunion in Kasachstan rechnen mit einem Anstieg der Lebensmittel- und Warenpreise. Vor allem kasachische Landwirte befürchten, dass die künftigen einheitlichen Zolltarife den kasachischen Markt untergraben werden. "Wir müssen davon ausgehen, dass die eingeführten Waren zunächst billiger als die kasachischen sein werden, und wir müssen daran arbeiten, unsere Produkte - Getreide, Fleisch, Milch oder Fisch - wettbewerbsfähig zu machen", sagte der Vorsitzende des kasachischen Bauernverbandes Aueschan Darinow.
Zu den betroffenen Branchen zählen auch die kasachischen Produzenten alkoholischer Getränke. Sie fordern, die im Rahmen der Zollunion angekündigte Erhöhung der Verbrauchsteuern zu verschieben. Der Vorsitzendes des Verbandes kasachischer Spirituosen-Verkäufer, Amirschan Kalijew, geht davon aus, dass nach einem Preisanstieg der Schwarzmarkt florieren wird.
Aber auch im kasachischen Parlament wurden schon im Vorfeld der Zollunion Bedenken laut. "Kasachstan muss wegen des Eintritts in die Zollunion mit deutlichen Verlusten bei den Zolleinnahmen rechnen", stellte die Vorsitzende des Parlamentsausschusses für Finanzen und Haushalt, Gulschan Karagusowa, fest. Deswegen müssten alternative Einnahmequellen zum Staatshaushalt gefunden werden.
Autoren: Markian Ostaptschuk/ Sarina Kosybajewa/ Vitali Volkov
Redaktion: Nicole Scherschun