'Afrika ist nicht arm'
21. Januar 2007Landlose Kenianer marschieren in Nairobi neben Frauenrechtlerinnen aus Italien. Französische Kommunisten tanzen mit Aids-Aktivisten aus Uganda. Ein Inder schwenkt eine brasilianische Flagge. Und Friedensnobelpreisträger Desmond Tutu aus Südafrika fasst das in Worte, was die versammelten Globalisierungsgegner eint, so unterschiedlich sie auch sind: "Du alleine bist kein Mensch. Du bist kein Mensch, wenn du isoliert bist. Du brauchst andere Menschen, um ein Mensch zu sein."
"Gott hat keinen Fehler gemacht"
Dann kommt der Bischof zur Sache und wird politisch. Er bringt das Weltsozialforum zum Kochen und greift das Thema auf, das die Veranstaltung in den kommenden Tagen wie ein roter Faden durchziehen wird. "Wir können den Krieg gegen den Terror nicht gewinnen", sagt er. "Niemals. So lange es eine Welt gibt, die Menschen in Verzweiflung stürzt, so lange es Armut gibt, die andere entmenschlicht, so lange es Krankheit und Ignoranz gibt, werden wir nicht gewinnen."
Aber Desmond Tutu wäre nicht Desmond Tutu, wenn er nicht auch eine ganz besondere Botschaft für alle Afrikaner mitgebracht hätte. "Gott hat keinen Fehler gemacht, als er uns schwarze Haut gegeben hat. Wir müssen stolz darauf sein. Wir müssen stolze Afrikaner sein", fordert er. "Wir haben die Sklaverei überwunden. Wir haben den Kolonialismus überwunden. Wir haben die Apartheid überwunden. Wir sollten erhobenen Hauptes gehen."
"Seid ein bisschen bescheiden!"
Dann wendet er sich direkt an die reichen Industrieländern. Die eine Hälfte der Welt könne ohne die andere nicht funktionieren, sagt Bischof Desmond Tutu. Wenn die eine Hälfte blute, bekomme es die andere früher oder später auch zu spüren. Mit viel Spaß an seiner Rolle gibt Tutu den Entertainer, wenn er Europa und den Rest des Westens direkt anspricht: "Wir wünschen uns, dass Ihr in Europa und im Westen einfach ein kleines bisschen bescheiden sein könntet."
Darum geht es den Teilnehmern beim 7. Weltsozialforum in Kenias Hauptstadt Nairobi: Um gleiche Chancen, um eine gerechtere Verteilung der Ressourcen. "Afrika ist nicht arm", sagt Kenias Friedensnobelpreisträgerin Wangari Mathai. "Aber wir werden von der industrialisierten Welt als Rohstofflieferant missbraucht. Sie beutet uns mit ihrem Wissen und ihrer Technologie aus, sie wird auf unsere Kosten noch reicher."
Robert hört ihr mit leuchtenden Augen zu. Der junge Mann lebt in Nairobis wucherndem Slum Mathare. Er hat vor ein paar Wochen zum ersten Mal vom Weltsozialforum gehört und hat drei Tageslöhne in die Teilnahmegebühr investiert. Auch wenn viele in Mathare ihn jetzt für einen Spinner halten: Robert glaubt daran, dass eine andere Welt möglich ist. "Wenn wir alle zusammen ehrlich diskutieren, dann können wir auch etwas erreichen", sagt er. "Wir Leute an der Basis, wir können das schaffen."